In Istanbul ließen die Sultane unzählige Bäder fürs Volk errichten. Ebenso war es für wohlhabende Osmanen eine Frage der Ehre, ihrer Stadt ein Hamam zu stiften. Wahrscheinlich ist es die enge Verbindung zwischen Reinlichkeit und Religion, welche Bakterien und andere Hautkrankheiten fernhält.
Einfach zu finden ist das Hamam unser Wahl schon einmal. Es liegt gleich die Straße runter in der Nähe unserer Wohnung im Stadtteil Beyoğlu. Es wurde 1454 erbaut und ist seitdem fast unverändert in Betrieb. Ein braunes Schild mit goldener Schrift weist den Weg die Stufen herab. Wir folgen ihm, wie so viele ahnungslose Touristen vor uns.
Und dann stehen wir im marmornen Inneren des Hamami. In der Mitte des Raums ein plätschernder Brunnen, umgeben von Sitzbänken, verspiegelten Säulen und Holzvertäfelungen an der Wand. Eine altehrwürdige Anmutung, die durch einen stumm laufenden Fernseher und ein Regal mit Kunststoffflaschen, in denen verschiedene Massageöle lagern, ein wenig von Ihrem Flair verliert.
Der junge Kassierer schaut uns erwartungsvoll an. Er kann fast kein Englisch, die angebotenen Behandlungen und Preise aber kann er kommunizieren. Das Full Package für 180 Türkische Lira (etwa 55 Euro) umfasst Hamam, Handtuch, Seifenbad und Massage.
Wortlos werden wir von dem Mann in eine der Umkleidekabinen im ersten Stock geschickt. Dort liegen eine Art karierte Tischdecke, das Handtuch für die Hüfte, und abgetragene Badelatschen, die wie ein Plastik gewordenen Albtraum deutscher Hautärzte aussehen, bereit.
Das Hamam ist fast 600 Jahre alt und sauber
So ausgestattet schlappen wir in das Dampfbad. Tageslicht fällt durch die eingelassenen Öffnungen in der Kuppel des großen Raums. Es duftet nach Rosenöl. Unser Bademeister weist uns ein Marmorwaschbecken zu und wir spülen uns von Kopf bis Fuß ab. Anschließend legen wir uns auf das große, warme Marmorpodest in der Mitte des Raumes und unser stummer Badebeauftragter lässt uns in gespannter Unwissenheit allein.
Für eine gute halbe Stunde treibt der heiße Stein unter uns den Schweiß durch die Poren. Dann kehrt unser Bademeister zurück und teilt die Insassen nach Geschlechtern auf. Plötzlich bin ich ganz allein mit einem halbnackten Mann, seinem breitem Bauch und seinen breiten Schultern.
Ich setze mich an die Wand neben ein Waschbecken, und Erdogan, wie mein Bademeister mit Vornamen heißt, schüttet warmes Wasser aus einer Kupferschale über mich. Dann werde ich von oben bis unten eingeseift. Plötzlich spüre ich ein Reiben wie sanftes Schmirgelpapier auf meiner Haut. Es wird gebürstet und geschrubbt bis ein Schwall kaltes Wasser in meinem Gesicht die Prozedur beendet.
Eine Massage zum wachwerden
Erdogan geleitet mich zurück auf die Marmorplatte in der Mitte des Raumes und beginnt mich wieder einzuseifen. Diesmal werde ich aber angenehm massiert. Meine Körperteile scheinen sich zu verselbständigen. Ob sie wieder zu mir zurückkehren werden?
Es ist nicht meine erste Massage aber definitiv eine, die mich nicht müde gemacht hat. Im Gegenteil. Im Anschluß dampfe ich noch einige Minuten im Hamam vor mich hin. Alles ist gut, auch die Körperteile sind zurückgekehrt.
Im Vorraum bekomme ich ein trockenes Hüfttuch und es werden mir Handtücher um Schultern und Kopf gelegt. So eingewickelt schlurfe ich zurück in den Eingangsbereich, wo ich, rot leuchtend, mit einem Apfeltee in der Hand abkühle.
Der Besuch im Aga Hamam hat sich für uns gelohnt. So weich und rein hat sich unsere Haut lange nicht mehr angefühlt. Beim nächsten Mal werden wir aber darauf achten, unsere eigenen Badelatschen mitzubringen.