Im Stadtteil Beyoğlu hat es mir während meiner Reise nach Istanbul sehr gut gefallen. Auch mein Appartement liegt hier. Ich durfte also einige Zeit in diesem Areal verbringen.
Es ist die kosmopolitische Seite von Istanbul. Vor 200 Jahren waren es die Europäer die in Beyoğlu lebten und die schönen Jugendstil-Gebäude errichteten. Seite an Seite stehen sie hier und wechseln sich mit neoklassizistischen Fassaden ab. Auch heute noch gibt es viele Botschaften und Konsulate in dem Viertel zwischen dem Goldenem Horn und dem bekannten Taksim-Platz.
Eine der belebtesten Straßen in Europa
Das Herz von Beyoğlu ist die İstiklâl Caddesi, ein langer, eleganter Boulevard, der den Bezirk durchquert. Berühmt für seine Lebendigkeit und die vielen Farben, ist diese Straße mit Buchläden, Cafés, Kunstgalerien, anspruchsvollen Restaurants und Clubs gespickt.
In einem Meer von Menschen bewegt sich malerisch die rote, alte Straßenbahn hin und her. Bei diesem Anblick verwundert es mich nicht, dass meine blühende Phantasie versucht, mir einen Streich zu spielen: Ist es 2017 oder doch noch Istanbul um 1920?
Jedenfalls ist es Wochenende und ich werde das Gefühl nicht los, als kämen minütlich mehr Menschen auf die Einkaufsmeile. Aus allen Stichstraßen quillen Flaneure hervor und füllen die Strecke vom Taksim-Platz bis zum Galataturm.
Das besondere Getränk und der beste Konditor
Während die Einheimischen in die Designer-Shops von Prada und Christian Louboutin eilen, lasse ich es mir in einem der vielen Cafés gutgehen. Ich trinke hier den ersten „Salep“ meines Lebens Ein Heißgetränk wie warmer Kakao nur ohne Schokolade und mit gemahlenen Orchideenwurzeln. Richtig gut schmeckt es mit einer Prise Zimt! Ich habe mir gleich einen Vorrat für Zuhause einpacken lassen.
Und was in der Türkei wirklich verboten werden müsste, sind die Süßigkeiten. Gleich neben dem Café gibt es eine Traditionsbäckerei mit wundervollen Köstlichkeiten. Sie sehen nicht nur aus als würden sie aus 1001 und einer Nacht stammen, sondern sie schmecken auch ganz hervorragend. Die Verkäufer in der Konditorei “Hakkı Zade” tragen alle einen Fez, eine dieser traditionellen Kopfbedeckungen die aussehen wie ein Kegel ohne Spitze.
Allein im Schaufenster liegen Millionen wenn nicht Milliarden von Kalorien. Eine Süßigkeit ist schöner hergerichtet als die andere. Mal ein Törtchen mal ein Hörnchen. Und wem sein Gewicht lieb ist, sollte hier nicht zu lange rumstehen. Irgendwann kaufen nämlich alle etwas ein, auch wenn man es sich fest vorgenommen hatte, es nicht zu tun.
In den Seitenstraßen der İstiklâl Caddesi verstecken sich noble Restaurants und kleine Modegeschäfte. Eine Art vibrierende Gegenkultur zum Gedränge auf der Hauptstraße. Auch ich kann nicht ganz ohne Blick in das ein oder andere Schuhgeschäft auskommen. Hier gibt es überall so wunderbare Dinge zu kaufen.
Allerdings habe ich das Gefühl, dass die Prachtstraße schon bessere Zeiten gesehen hat. Noch vor 10 Jahren erlebt ich hier mehr als doppelt so viele Besucher, alles war etwas wirklich Besonderes. Heute gibt es den ein oder anderen Leerstand und auch die Stimmung ist nicht mehr ganz so gut. Die wirtschaftlichen Probleme der Türkei unter Erdogan hinterlassen Spuren.
Ein Museum für die Unschuld
Viele werden das gleichnamige Buch kennen. Andere werden den Bestseller-Autor kennen. Aber nur in Istanbul kann man auch sein Museum besuchen. Das sehenswerte Museum der Unschuld vom Nobelpreisträger Orhan Pamuk.
Orientiert euch am Goethe-Institut, dann ist es nicht mehr weit. Nur wenige Gehminuten südlich der İstiklâl Caddesi.
Das Goethe-Institut betreibt im Übrigen ein Restaurant + Bar auf der Dachterrasse. Das Litera ist ein ordentliches Haus aber nicht überwältigend. Der bemerkenswerte Ausblick, u.a. auf die französische Botschaft, ist da schon eher zu empfehlen.
Essen in Beyoğlu
Da ich mich auf meinen Reisen regionaler Küche verschrieben habe und einen großen Bogen um die oft sündhaft teuren Szenelokale mache, sind mir im Viertel Cihangir, das ein Teil des riesigen Bezirks Beyoğlu ist, zwei sehr gute Restaurants mit türkischen Gerichten aufgefallen, die ich gerne als Tipp an euch weitergeben möchte.
Das 5. Kat (übersetzt so viel wie 5. Stock) ist nicht nur ein Lokal mit gutem Essen und einer sehr netten Inhaberin (sie ist eine erfolgreiche Menschenrechtsanwältin), es verfügt auch über eine atemberaubende Dachterrasse mit einem sagenhaft guten Blick über den Bosporus. Meiner Meinung nach der allerbeste Blick über die Stadt!
Im Erdgeschoß des Hauses befindet sich mit der MiniMüzikhol ein weiteres Highlight: Nämlich einer der angesagtesten Musikclubs der Stadt. Absolut bodenständig und keine Schickeria. Hier gibt es noch die gemütlichen Sitzecken, die übervollen Aschenbecher und gute Livemusik.
Beste türkische Hausmannskost
Das zweite Restaurant ist das No:19. Und nur weil ich zufälligerweise ein Stückchen weiter die Straße runter gewohnt habe, konnte ich dieses Juwel entdecken. In der Gegend ist nicht viel los, hier wohnen noch überwiegend Einheimische. So langsam mischt sich die Bohème der Stadt dazwischen und es entsteht ein cooles Gemisch aus Beständigkeit und Aufbruch.
Jedenfalls wird im No:19 typisch türkische Hausmannskost serviert. Und das diese Küche überragend gut ist, brauche ich wohl nicht extra betonen. Jeden Abend wird ein abwechslungsreiches Buffet angeboten, aus dem man sich für ein Gericht entscheidet. Die Dame des Hauses spricht ausgezeichnet deutsch und steht mit Rat und Tat zur Seite. Übrigens ist das Frühstück ebenso umwerfend.
Die Inneneinrichtung ist sehr stilsicher. Ich hätte hier gleich einziehen können, so wohl habe ich mich gefühlt. Das Extra: Jeder Stuhl, jeder Tisch und jedes Bild hat irgendwo ein kleines Preisschild baumeln. Alles kann sofort gekauft und mitgenommen werden. Eine wahre Oase!